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MIT BERGEN DEN BLICK REPARIEREN / FIXING ONE´S GAZE WITH LANDSCAPE


  • Kunstverein Kärnten Goethepark 1 9020 Klagenfurt Austria (map)
“Mit Bergen den Blick reparieren / Fixing one’s gaze with Landscape”  at Kunstverein Kärnten  artwork by Evelina Jonsson

“Mit Bergen den Blick reparieren / Fixing one’s gaze with Landscape”
at Kunstverein Kärnten artwork by Evelina Jonsson

“Mit Bergen den Blick reparieren” exhibition view  FC: Johannes Puch

“Mit Bergen den Blick reparieren” exhibition view
FC: Johannes Puch

 

”Oh how beautiful, look at the crimson snow! And up there o the rocks there are ever so many roses!”

”It was so lovely, Heidi stood with tears pouring down her cheeks, and thanked XXX for letting her come home to it again. She could find no words to express her feelings, but lingered until the light began to fade and then ran on.”



Johanna Spyri, HEIDI (1880)“

For “Mit Bergen den Blick reparieren / Fixing One’s Gaze with Landscape” both Austrian and international artists are investigating the filters of human perception regarding the landscape they are born in. Starting from reflexions on their individual cultural backgrounds they explore the representation of landscape as an enticing promise or a bone-shattering cultural threat. 

Landscape is not an exclusively private good, it’s critical reception is usually collective and, -ideally, for free. Historically it was and is occupied by all kinds of stakeholders for a variety of agendas. Artists, however held some authorship in the design of landscape, granting their recipients room for projections, memories and dreams. Starting from diverse media (print, sculpture, painting, photography, sound/video and performance) the artists approach the interfaces of landscape aesthetics and its instrumentalization. The aim is to dissolve the categories of display, installation and stage and evaluate the romantic concept of “the healing landscape” in a collective manner.

Céline Struger

„Klara,“ sagte ich, „ist denn nicht neben all’ den köstlichen Quellen der Poesie und allen Wissens auch die Herrlichkeit dieser Natur, die uns umgiebt (sic), eine solche, ja eine Hauptquelle der Erquickung? Marie kennt diese, warum kann sie nicht mehr daran trinken?“ „Sie hat nie recht daran getrunken,“ meinte Klara, „ihr inneres Auge war nie geöffnet für diese Schönheit.“ „Sollte es nicht Krankheiten geben, die auch die geöffneten Augen schließen und die Aufnahme all’ dieser Erquickungen unmöglich machen könnten, Klara?“ „Nein,“ sagte sie bestimmt; „ausgerüstet mit den geweiteten Blicken des Gebildeten, dem alle Quellen des geistigen Lebens geöffnet sind, kann uns ein solches Kranken nicht niederwerfen. “...” Versiegt für uns eine Quelle, die uns Kräfte des Lebens zugeführt, so kennen wir tausend andere, daraus wir schöpfen können; wir müssen nicht ermatten, wie das Land, dem der einzige Bach vertrocknet, dessen Wasser es grünen gemacht.”

Johanna Spyri, HEIDI (1880) 

“Für die Ausstellung Mit Bergen den Blick reparieren unter­suchen sieben Kärntner und sieben internationale Kunstschaffende die Repräsentation von Landschaft in Medien- und Populärkultur. Ausgehend von Herkunft und individuellen Erfahrungen kann ein und derselbe Ausblick als verheißungsvolles Versprechen oder als politisch motivierte Drohgebärde gedeutet und missbraucht werden. Das Erfahren von Landschaft ist nicht aus­schließlich privat, sie stellt ein knappes, kollektives Gut dar. Sie wird uni­ver­sell von wechselnden nteressensgruppen für politische oder wirtschaftliche Agenden okkupiert. Die bildende Manifestation dieser Ideologien tragen jedoch fast ausschließlich Künstlerinnen und Künstler, die den RezipientInnen Raum und Projektionsflächen für individuelle Erinnerungen, Erwartungen und Träume einräumen. Angesichts der globalen ökologischen Krise stellt die Natur im ersten Drittel des 21. Jahrhunderts das wertvollste Gut der Menschheit dar. Ihre Erhaltung sollte oberste Priorität haben und das nicht nur aus selbstloser ethischer, sondern auch aus individuell-egoistisch ökonomischer Sicht. Doch diese Ausstellung soll sich nicht mit Natur in ihrer Gesamtheit befassen, sondern mit „Landschaft“ – einem Konstrukt, das die Menschheit, vor allem auch durch die Kunst getragen, seit tausenden von Jahren in allen Teilen der Welt begleitet. 

Die künstlerisch simulierte Landschaft war immer schon ein Ausdruck des Zeitgeists einer bestimmten Epoche, aber auch der individuellen Sehnsucht des Künstlers und der Künstlerin. Bereits auf antiken Fresken wurden stilisierte Ausschnitte eines Naturraums als Untermalung dramatischer Szenen dargestellt. Im Mittelalter fanden flächige Interpretationen des Paradieses, in der Renaissance perspektivische Gartenansichten Eingang in die Kunstgeschichte. Alle diese Momentaufnahmen hatten eines gemeinsam: Ihnen wohnte einerseits ein dokumentarischer und archivarischer Charakter inne, andererseits bildeten sie aber auch stets eine pessimistisch dystopische oder eine optimistisch utopische Weltsicht ab. Kurz gesagt, Landschaft ist immer ein Kind ihrer Zeit. 

“…”

In dieser Ausstellung wird der Schwerpunkt auf die künstlerische Landschaftsrezeption im ausgehenden 20. und im 21. Jahrhundert gelegt. Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler komplementiert exemplarische Kärntner Positionen mit jungen, internationalen Sichtweisen. Gleichzeitig möchte ich auf diese Weise auch post­koloniale Fragestellungen erörtern. 

So wird der mexikanische Dschungel sowohl aus der Vogel­perspektive Patrick Topitschnigs betrachtet, als auch dessen westliche Rezeption vom mexikanischen Künstler Oscar Cueto kritisch beleuchtet. Der Ausstellungsbesucherin und dem Ausstellungsbesucher wird es dadurch ermöglicht, sich in dem ästhetischen Spannungsfeld zweier Blickrichtungen zu bewegen. 

Die zentrale, skulpturale Arbeit “Offene Figur” von Meina Schellander ist formal und konzeptuell an der Wende zum 21. Jahrhundert anzusiedeln. Ihre im wahrsten Sinne des Wortes offene Form soll als Grundstruktur, als das skulpturale Skelett der Ausstellung fungieren. Ihre 4 verspannten Raumteiler und dem T-Objekt werden die Objekte der koreanischen Künstlerin Yein Lee gegenübergestellt. Diese treten ihnen in Form von Plastik und Abfallprodukten als antagonistische Position gegenüber und läuten damit als Repräsentanten des Anthropozäns das Ende einer von der Moderne geprägten Ästhetik ein. 

Eva Funk formt in ihrem Beitrag unter anderem Plastiksäcke aus Reispapier – Plastiksäcke, die momentan die größte Bedrohung für die Weltmeere darstellen, während Chin Tsao aus Taiwan in einer Skulptur-Performance die Bedrohungen aus dem Meer, seien es ökonomisch-politische Aggressoren oder einfache Piraten, besingt. 

Stella Antares, Daniel Hosenberg und Gisela Zimmermann bilden die zweidimensionalen, also fotografischen, semi-fotografischen und malerischen Beiträge. Antares befasst sich thematisch mit den Auswirkungen der Landschaft auf die Körper der Menschen, die sie bewohnen und bearbeiten, am Beispiel ihrer eigenen Familienbiografie, Hosenberg lässt die Landschaft selbst Spuren auf seinen Bildträgern hinterlassen, und Zimmermann nähert sich gestisch-abstrakt einer „inneren Landschaft“ an. 

Die interdisziplinär zwischen bildender und darstellender Kunst Tätigen Nina Herzog und Gerhard Fresacher schaffen einen Raum-im-Raum, ein Terrarium für Menschen, durch das die 
AusstellungsbesucherInnen beobachtet werden und so einem voyeuristischen, ausbeutenden Blick ausgesetzt sind. Einem Blick, ohne den heute keine Landschaft definiert und für den Tourismus ”gebranded” werden kann. Im Hinblick auf eine mythische Flora und Fauna spielt auch Leon Höllhumer mit Voyeurismus und Ausbeutung, indem er auf seinen Druckarbeiten als stark sexualisiertes Mischwesen in Erscheinung tritt. 

Im Gegensatz dazu nähert sich Evelina Jonsson dem Trash in einer ätherisch wirkenden digitalen Videoarbeit an. Eine langsame, verwinkelte Kamerafahrt führt die Besucherin und den Besucher durch einen sich ständig verändernden, bedrohlichen Mikro­kosmos aus finster dreinblickenden Gottesanbeterinnen und Riesenpilzen, die zwischen Unrat wuchern. In einem abge­dunkelten Setting werden ihr die Leuchtskulpturen Eugen Wists zur Seite gestellt. Diese aus Zinn und Kabeln bestehende Werkgruppe wird vom Duft einer einzelnen Erdbeere begleitet, die an die Wand appliziert wird. Mit der Auswahl und Zusammenstellung dieser Positionen möchte ich einen frischen Blick auf ein altgedientes Konzept werfen und eine Vielzahl an unterschiedlichen subjektiven Landschafts­ansichten vorstellen. Ausgehend von unterschiedlichen Medien (Grafik, Malerei, Fotografie, Skulptur, Sound/Video und Performance) nähern sich die KünstlerInnen den Schnittstellen landschaftlicher Ästhetik und deren Instrumentalisierung an. In einem raumgreifenden Setting bespielen sie den Hauptraum und die Seitengalerien des Künstlerhauses Klagenfurt multimedial. 

Baustoffe, Naturprodukte und Recyclingmaterial werden zu einer Simulation von Landschaft zusammengefügt. Darin findet dann eine zeitgenössische Annäherung traditioneller Kunsttechniken wie Malerei, Skulptur und Fotografie ihren Anfang, die von neuen Medien und digitaler Kunst ergänzt und schließlich in den Landschaftsbegriff des 21. Jahrhunderts übertragen wird. 

Céline Struger

 

MIT BERGEN DEN BLICK REPARIEREN /
FIXING ONE´S GAZE WITH LANDSCAPE

at Kunstverein Kärnten
10.07.2020 –8.8.2020
Opening: 9.7.2020 7PM

Stella Antares
Oscar Cueto
Gerhard Fresacher
Eva Funk
Nina Herzog
Leon Höllhumer
Daniel Hosenberg
Evelina Jonsson
Yein Lee
Meina Schellander
Patrick Topitschnig
Chin Tsao
Eugen Wist
Gisela Zimmermann

curated by Céline Struger

 
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